Kunstwerk des Monats Juni

Marg Moll, Frau mit Krug (Krugträgerin), um 1930

Marg Moll, Frau mit Krug (Krugträgerin), um 1930, Metallplastik aus Messinglegierung, Höhe 54 cm, Städtische Sammlungen Neu-Ulm; VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Einer der Publikumslieblinge in der letzten Ausstellung vor dem Umbau, „Der Berliner Skulpturenfund“, war Marg Molls Frau mit Krug, eine Leihgabe des Georg Kolbe Museums in Berlin. Die Ausstellung wurde zum Anlass genommen, dem Edwin Scharff Museum ein weiteres, bisher nicht bekanntes Exemplar der Figur aus Privatbesitz anzubieten, das schließlich im Oktober 2016 erworben wurde. Das Museum dankt in diesem Zusammenhang den Staatlichen Museen zu Berlin sowie besonders Dr. Geneviève Debien, die ein Werkverzeichnis der Künstlerin erstellt hat, für wichtige Hinweise zur Plastik. 

Die Sammlung des Museums, in der sich bereits zwei Arbeiten Molls befinden, wird damit um ein weiteres Werk der Bildhauerin bereichert, die mit ihren Plastiken zu den Pionierinnen der Bildhauerei zählt.

Molls Frau mit Krug, die das Gefäß auf der Schulter trägt, beweist die kraftvolle und gleichzeitig sinnlich-konzentrierte Gestaltungskraft der Künstlerin. Die auch als Krugträgerin betitelte Figur – die vermutlich in Paris entstand und später in Berlin gegossen wurde – zeigt Marg Molls Interesse an formal-künstlerischen Gestaltungsprinzipien. Für die Komposition bestimmend ist ein rationaler und klarer Figurenaufbau. Sie zeichnet sich durch geometrisch und kubistisch anmutende Formen aus. Das Organische, wie man es in frühen Arbeiten Molls findet, weicht hier einer strengen Tektonik. 

Den kühlen Figurenaufbau kontrastiert der gleißende Schimmer der Messing-Oberfläche. Er betont die fließenden Übergänge der Körperpartien. Auch wenn die Beine der dargestellten Frau gerade nebeneinander stehen, so besitzt ihre Haltung doch einen bewegten Moment.

Marg Moll wird am 2. August 1884 im Elsass als Margarethe Haeffner geboren. Zu Beginn ihrer Ausbildung nimmt sie Malunterricht in Wiesbaden und belegt im Städelschen Institut in Frankfurt/Main Kurse in Bildhauerei. Im Jahr 1905 wird sie Schülerin des Malers Oskar Moll, die beiden verlieben sich und heiraten ein Jahr später. Auch um ihrem Mann in der Malerei keine Konkurrenz zu machen, beschließt sie, Bildhauerin zu werden. Gemeinsam siedeln die beiden 1907 nach Paris über, wo sie sich mit dem avantgardistischen Maler Henri Matisse anfreunden und Marg dessen Schülerin wird. Auch später wird sie sich herausragende Lehrer suchen. Neben Lovis Corinth gehört auch Fernand Léger dazu, dessen Arbeiten sie in ihrer eigenen Formensprache beeinflussen, wofür die Frau mit Krug ein Beispiel ist. 

Nach dem Ersten Weltkrieg zieht das Ehepaar Moll nach Breslau; Marg kehrt in dieser Zeit regelmäßig nach Paris zurück. So ist sie zwischen 1928 und 1937 Mitglied der avantgardistischen Künstlergruppe „Groupe 1940“. Doch die Machtübernahme der Nationalsozialisten bedeutet für die Künstlerin einen maßgeblichen Einschnitt in ihr Schaffen: Sie wird verfolgt und ihre Skulpturen werden als „entartet“ diffamiert. In Folge der Zerstörung ihrer Wohnung und Kunstsammlung verlassen Oskar und Marg 1943 Berlin und ziehen nach Brieg in Schlesien. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Tod Oskars im Jahr 1947 wohnt Marg Moll in Großbritannien und kehrt erst 1952 nach Deutschland zurück. Sie stirbt am 15. März 1977 in München.

Marg Molls schöpferisches Wirken fand zu ihren Lebzeiten immer wieder neue Ausdrucksformen. Auch die beiden Weltkriege hinderten sie nicht daran, mit äußerster Konsequenz an ihrer eigenen künstlerischen Laufbahn zu arbeiten. Der deutsche Kunsthistoriker und -wissenschaftler Siegfried Salzmann schrieb 1966 über Molls Kunstschaffen: „Sie ist nicht mit metaphysischen Aspekten beladen, sondern meint unmittelbar die sichtbare Erscheinung und das anschauliche Erlebnis der tatsächlichen Form.“

Marg Molls Arbeiten, die sich in den Städtischen Sammlungen Neu-Ulm befinden, werden aufgrund ihrer herausragenden Qualität sicherlich auch zukünftig einen Platz in Ausstellungen des Edwin Scharff Museums erhalten.  

Kristina Baumann, M.A.
Wissenschaftliche Volontärin