Eine Grafik von Gustav Seitz bereichert seit kurzem die Sammlung des Edwin Scharff Museums. Die beiden Vorstandsvorsitzenden der Gustav Seitz Stiftung Wolfgang van Gulijk und Darius Müller überreichten „Fünf Torsi“, eine Kreidelithographie von 1967an der Eröffnung von „Gustav Seitz. Figur & Empfindung“. Zwei Plastiken des Bildhauers, die Figur der „Marina“ und ein Relief, besitzt das Museum bereits. Sie sind derzeit in der Sonderausstellung zu sehen.
Gustav Seitz entwickelt in 40 Schaffensjahren seine Formensprache fort, abstrahiert und spitzt zu. Im Zentrum seines Schaffens steht der Mensch, vorrangig der weibliche Akt. Das zeigt auch die Zeichnung, in welcher er mehrere Körper zueinander in Beziehung setzt und mit ausdrucksstarken Linien er diese in unterschiedlichen Ansichten festhält.
„In meiner Arbeit kommt der Torso wenig vor. Dabei verstehe und teile ich die Liebe zum Fragment. Der Reiz des Unvollendeten ist in ähnlicher Weise verführerisch, wie die Zeichnung meistens unmittelbarer und lebendiger ist als das ausgeführte Werk.“, schreibt der Künstler 1964 über die Darstellung eines menschlichen Körpers ohne Gliedmaßen. „[…] der gebaute Torso ist weder unfertig noch zufällig. Er verlangt im höchsten Maße formende, komponierende Hand.“[1]
Vorbilder für seine Torsi findet Seitz unter anderem in archaischen Fruchtbarkeitsstatuetten und Idolen, die er bei Museumsbesuchen entdeckt. Gerade in seinem Spätwerk finden sich einige Figuren, deren Rümpfe ausladend sind, während die Beine sich nach unten stark verjüngen.[2] Auch in der Kreidelithographie liegt der Fokus auf der Mitte der dargestellten Körper.
[1] Gustav Seitz, Torso. Das Unvollendete als künstlerische Form, in: Katalog der 18. Ruhrfestspiele, Kunsthalle Recklinghausen 1964 (München 1984, S. 157).
[2] Quelle: Gustav Seitz. Leib und Seele. Kunsthalle Mannheim 2019, S. 74f.